Plädoyer für die Undichter©Hans Hartmut Karg2011Wenn dem Menschen angeborenReimmacht, die ihm zugewachsen,So ist er dafür auserkorenZur Sprache ? mit und ohne Faxen.Reimen für ein ganzes Leben,Wenn er Sprache liebt ? und leidetMit denen, die nach Freiheit streben,Damit sich Allmacht nicht verbreitet.Doch selbst im liberalsten Haus,In dem Demokratie alltäglich,Breitet sich doch manchmal ausEin Denkprozess, der ganz unsäglich.Wo Selektion die Dichtkunst tadelt,Gutreimetum sich mächtig bläht,Da wird kein Dichter mehr geadelt,Der nicht in einer Seilschaft steht.Gefährdet einer diese dann,Muss er mit Wutkritiken rechnen,Wenn er mit Sprache anders kann,Als diese nur metrisch berechnen.Dann stimmen Bilder, Reime nicht,Er wird nun endlich zum Undichter,Erklärt zu einem dummen Wicht: Man spielt sich auf zum Sprachenrichter.Die Toleranz, auch hier gefährdet,Von vornherein nicht forentauglich,Wenn immer irgendjemand wertet,Sich aufregt und urteilt unglaublich.Der Undichter wär´ doch die ChanceFür neues, anderes Sprachbegreifen,Weg von der Traditionsbalance,Damit auch andere Früchte reifen.Sprache darf nicht nur ölig fließenUnd immer nur im Reinen bleiben!Wenn wir den neuen Klang genießen,Kann sie uns auch zu Neuem treiben.Wenn wir die Undichter begreifen,Die schöpferisch Sprache erneuern,Dann können in uns Früchte reifen,Die unser Dichten neu befeuern.Wo Seilschaften ein Forum schließenUnd nur im eigenen Safte kochen,Kann doch kein neues Leben sprießen,Wenn Machtwahn herrscht bis in die Knochen.Auch Sanftmut kann zur Macht geraten,Wenn sie nur eigenwillig mahnt.Sie muss letztendlich den verraten,Der davon leider nichts erahnt.Lasst doch den Wilden auch ihr Recht!Lasst auch die Undichter heran!Nicht alles ist so furchtbar schlecht,Wenn einer will, was einer kann!