Auf meiner Haut wuchs er ein langes Jahr: Ein Knoten, langsam, aber ohne Schmerzen. Es wurde mir doch bang. Mit grauem Haar Fasste ich Mut, denn das ging mir zu Herzen.
So ging ich zu den Besten, an die Uni-Klinik Und wollte, dass man das ?Ding? operierte, Denn ich wollte niemals ein Krebsgeschick, Weil die Gesundheit ich stets anvisierte.
So kam nach langem Warten ich zu einer Ärztefrau. Ich saß da, wartete und wartete ? sie telefonierte Mit einem Arztfreund in der Charité, der sehr genau Ihr mitteilte, wie werbend andere man gut vorführte.
In fünf Minuten teilte sie dann mit, Dass sie zu einem Eingriff raten würde. Das alles, ja, geht alles mit ´nem kleinen Schnitt Und eine Helferin stünde betäubend Pate.
Als ich aus 80 Kilometern wieder kam, Um diesen Eingriff endlich vorzunehmen, Da sagte sie zu mir, nach ihrem Plan Wolle sie doch zuerst ´ne Probe nehmen.
So wurde mir die Probe rasch entnommen, Das alles gegen meinen Willen als Privatpatient, Denn ich war eigentlich nur her gekommen, Damit man mich von diesem Knoten trennt.
Nach einem Monat musste ich dann wieder kommen, Weil man angeblich viel zu wenig auswertbares Material. Aus dem Tumor wurde die zweite Probe nun entnommen. Ich kam also erneut ? und hatte keine andere Wahl.
Doch wuchsen mir nun plötzlich drei Tumore Und ich bekam endlich die Diagnose: Der Tumor machte auf der Haut bösartig Furore, Es war schon ´ne verrückte Chause.
Die drei Tumore wurden operativ entfernt, Doch erst drei Monate nach meinem Erstbesuch. Da habe ich als Patient endlich gelernt, Was auch bei mir ein Vorschussbruch.
Als dicker Mensch musste ich immer lange warten, Wenn ich nun zur Beratung vorgeladen. Erst nach drei Stunden konnte ich erwarten, Dass man mich abrief zu den Ärztepaten.
Nun wuchsen mir plötzlich sechs weitere Geschwülste: Der erste Tumor hatte offenbar gestreut. Als ich das sagte, gab man mir aufs Kühlste Die Antwort, mit der man nur ruhestellt die alten Leut´:
?Das gibt es nicht, dass dieser Tumor streut. Er ist begrenzt, die Lymphe ist in Ordnung.? So kam ich zu CT und Ultraschall halt heut´ Und wollte für mich keine Überforderung.
Man tastete die Lymphen ab und fand da nichts. Auch das CT zeigte nun nur sechs Hautregionen, Auf denen die Geschwülste wuchsen ? und sonst nichts: Man musste die Nichtstreubarkeit betonen!
Doch jetzt wollte man Knochenmark entnehmen, Und unter großen Schmerzen wurde es mir abgenommen In vier(!) Ampullen ? ich musste mich wirklich schämen, Weil ich so laut geschrien und danach völlig benommen.
Dann machte man ein MRT von meinem Arm, Der Riesenlärm war schlimm und unerträglich. Ach, dass der Herrgott sich doch nur erbarm´! Ich litt unter dem Krach ja ganz unsäglich!
So wuchs in mir langsam die stille Wut: So große Stücke hatte ich auf dieses Haus gehalten. Nun nahm es mir den ganzen Lebensmut, Ich konnte nichts und nirgends mitgestalten.
Noch immer ließ man mich für Audienzen lange warten: Erst wenn die Wartepoints ganz voll, begann man mit Beratung. Das ging dann schnell, denn vor dem Abend wollte man ja starten, Von den Patienten war kaum einer jemals recht jung.
So nahm man nach August dann im Dezember Sechs weitere Tumore aus dem alten Leib. Und weiter ging der Operationskalender: Im März schnitt man drei Knoten aus dem malträtierten Leib.
Die Rechnungen, sie waren immer detailliert und hoch. Nur wer jetzt gut versichert war, der konnte auch bezahlen. Das riss in das Gesundheitswesen ja ein Riesenloch: Als Bürger standen für mich an die nächsten Wahlen.
Mindestens ein Dutzend Ärzte hatten mich nun untersucht, Nur zwei hatten mich schließlich operiert. Von Professoren, die recht gut verdient und recht betucht, Hatte mich keiner jemals angesehen, richtig visitiert.
Als man erneut nach meinem Knochenmark verlangte Und ich den Eindruck, dass man scharf nur darauf war, Weil man moderne Gen-Blut-Diagnostik noch nicht kannte, Da weigerte ich mich und stand jetzt für mich auf:
?Dann sterb´ ich eben, ich will jetzt nicht mehr, ? So sagte ich der Ärztin, die mich überzeugen wollte. Denn dieses, ja, mein Leben hatte es zu schwer, Weil man als Patient mir kaum Beachtung zollte.
So lebte ich mit meinen Narben und Gebrechen, Und ich verweigerte die weitere Behandlung. Ich lebte meinem Ende hin mit dem Versprechen, Dass es hier gab für mich nur die Verschandelung.
Die Apparate müssen laufen, sonst sind sie Verlust, Privatpatienten müssen möglichst oft erscheinen. Am Ende bleibt dem Menschen nur der Frust Und Augen, die in aller Stille mutlos weinen.