Der Mensch ist frei, doch manchmal auch ein Tier, Und daran können selbst die Psychologenheere Nur sehr wenig ändern, wenn wir mit diesem Wir Stets andern kommen mit der Herrschaftsschere.
Die Älteste war sieben und Schulmädchen, Der Zweitgeborene ehrgeizig und Junge Mit elterlicher Projektion im Städtchen, Der Stolz, auch wenn nicht ganz mit freier Zunge.
Er war das Lieblingskind der Kleinen Leute, Bei denen man Feindbilder kultivierte, Denn man behängte sich, was hier und heute So aufkam, ohne dass man Skrupel spürte.
Natürlich haben ihre Eltern Ungerechtigkeit verborgen, Denn wer will in Familien schon Ungerechtigkeit? Doch lebten sie nur mit des Sohnes Sorgen, Die Sorgen ihrer Ältesten waren da gleich.
Die Lebenswünsche projizierten sie nur auf den Sohn, Die Tochter kam in ihrem Denken ganz am Schluss. Für sie war die Karriere ihres Sohnes aller Lohn Für eine Elternehe, die in Wirklichkeit ein Muss.
Und - Gottseidank - war ihre große Tochter weggezogen, So dass sie wenigstens die Liebesehe kultivieren konnte. Die Götter haben alles ihr mit Glücksausgleichen aufgewogen, Während der große Bruder sich in Attraktionen sonnte.
So stach er seiner erstgeborenen, älteren Schwester Ins Brustbein jene Stricknadel, die steckenblieb. Es war ja immer Brauch, dass man die Schwachheit lästert´, Denn es ging nur um Macht - da hatte man den Starken lieb.
Man zog die blutverschmierte Nadel aus dem Bein Und schimpfte den Stammhalter zwar symbolisch, Doch er, der später als Professor war so fein, Blieb seiner Schwester gegenüber schicksalsdiabolisch.
Ein Leben lang wird mancher Zweitgeborene kämpfen, Um endlich dauerhaft die Nummer 1 zu werden. Die Wissenschaft müsste den Anspruch dämpfen, Da helfen keine Tricks, keine Beschwerden.
Und der Professor wurde gar ein großes Tier: War er anwesend, musste alles auf ihn hören. Herrschaft und Eitelkeit nahmen nun das Gespür Für Empathie ? er musste sich an Macht betören.
Selbst als er hinter Nürnberg dann gezogen war ? Und hinter Nürnberg, ja, beginnt bekanntlich Russland! ?, Da redete er schlecht so über viele Jahr´, Was an Erfolg der Schwester zu Gesichte stand.
Die wunderbare Schwester, ganz im Kinderglück, Bekam unter dem Brustbein später den Tumor. Mit ihrem Tod wär´ er auf Nummer 1 zurück, Da träte er viel arroganter noch hervor.
Doch diese Erstgeborene besiegte jenes Karzinom, Trat schöner auf im Kreis der vielen Enkelkinder. Sie freute sich und fand immer den guten Ton Und hielt sich fern von Schlechtrednern und Knechteschindern.
Da nun der Bruder seine Geige nicht recht spielen konnte, Verlagerte er sich ganz auf provinzielles, intrigantes Reden, Denn in der bunt gemischten Provinzbürgerrunde Gab es genügend, deren Ohren offen für solch schlimmes Beten.
So war er auch im Alter nur ein mächtig´ Tier, Als Emeritus anerkennungsbuhlend um viel Einfluss. Doch trotz des Kirchgangs hatte er gar kein Gespür Für echte Lebensfreude und Würdegenuss.
Auch wenn nach außen alles scheinbar stimmte, Kam doch der elterliche Liebesmangel spät zurück: Im Alter setzt sich durch, was früh nicht stimmte Und raubt das wirklich wahre Menschenglück.