Immer stand er stramm, ein echter Mann! Er gab stets die Befehle, war er doch klein Und meinte, dass er damit Macht üben kann. Doch lebte er in diesem Glauben ganz allein.
Die Ehefrau, wie er, ein Einzelkind, Überversorgt, behütet bis zum Elterntod, Wie reiche Eltern denn nun einmal sind: Die beiden litten niemals echte Not.
Gewählt hatten sie den Beruf als Lehrer Und bauten sich gemeinsam nun ein Haus. Am Anfang war er stets ihr Herzverehrer, Zwei Töchter zogen nach der Volljährigkeit aus.
Nun endlich waren sie für sich frei und allein. Sie wussten mit der Freiheit wenig anzufangen. Manchmal fuhren sie mit dem Wohnmobil zum Main ? Doch blieben sie im Einzelmenschentum gefangen.
Sie wurde dann recht breit ? und redete noch breiter, Er herrschte weiterhin in Offizierslautstärke. Es gab bei ihnen nichts, das gar beschwingt und heiter, Denn keiner lobte anerkennend ihre eignen Werke.
Der Lebenslauf wurde so zum Nebeneinander, Denn Worte reichten nicht mehr für die Zärtlichkeiten. So blieben sie getrennt noch beieinander, Doch ihre Seelen zeigten ausweichende Zeiten.
Sie selbst bereitete den Unterricht fein vor, Doch wenn sie redete, fand sie kein Ende. Zwar kramte er bisweilen Urlaubskarten still hervor, Doch zur Entscheidung reichten nicht einmal die Hände.
Da traf am Nachmittag er auf dem Pausenhof Die schwarze Mädchenfrau aus fernem Afrika. Während bei ihr das Tränenwasser aus dem Auge troff, War plötzlich alles bei ihm Mann ? jetzt war er da!
In einem fernen Klassenzimmer konnte er sie nehmen, Sie war beweglich und sie stöhnte unaufhörlich. Jetzt wollte nie mehr er für seine Männlichkeit sich schämen Und er verdrängte alles, was ihm doch gefährlich.
Er war ganz weg, denn endlich fühlte er als Mann Und spürte, dass sie ihn wohl auch begehrte. Ein Mann, der sich so fühlte ganz als Hahn, Wird übermütig, weil er sie verehrte.
Er konnte alles machen ? und so oft er wollte, Sie war stets lustvoll und ganz wild dabei. Und während er Tribut den Trieben zollte, Wurde die Ehefrau ihm fremd ? und einerlei.
So kam die Scheidung schnell und ohne Zagen, Er zog mit seiner ?Neuen? in die andre Wohnung. Dort sollte alles ihre Liebe überragen, Denn sie war leidenschaftlich und so herrlich jung.
Doch als er Wochen später einmal heimlich kam, Lag sie mit ihrem Afrikabegleiter in dem Bett, In dem er wollte sein der einzig´ Hahn: Das war nun alles andere als nett!
Er tobte, warf den Reiter aus dem Haus, Erfuhr, dass dies ihr Ehemann wohl war, Warf in den Abfalleimer seinen Blumenstrauß, Mit dem Geburtstag er noch Glück gebar.
Er, der stramm rechts und machogleich marschierte War offenbar zum Hahnrei abgestempelt worden. Verzweifelt und gekränkt er sich genierte Vor seinem Stolz ? und vor den Spötterhorden.
Kein Ausweg schien das Schicksal ihm zu geben, Weil er als Kränkungsopfer schwer beschädigt lebte. Wie konnte er noch frei und menschenwürdig leben, Wenn der verletzte Stolz in seinem Herzen bebte?
So schoss er sich denn in den schweren Kopf Am Tag, als diese Jahresnacht am längsten war. Zerrissen hatte es nun Hirn, Gesicht und Schopf ? Nur so wurde die Welt für ihn jetzt klar.
Als er beerdigt wurde, stand im Trauerzug Jener Kollege, der schwer krebskrank war. Und der nahm zu dem Todestag Bezug, Denn das stellte für ihn Groteskes dar:
?Der bringt sich um und löscht sein Leben aus, Und ich will leben und ich darf es nicht!? Traurig zog aus dem Friedhof er hinaus Und Tränen netzten ein schmales Gesicht.
Drei Wochen später trugen wir auch ihn zu Grabe, So ungerecht kann Menschenschicksal sein: Der eine wünscht sich bleibende Teilhabe, Dem anderen fällt da nur Selbstmord ein.